Ich kann und werde nicht für alle Teilnehmenden sprechen. Dafür war auf der Fachtagung zu viel los und jeder Mensch hat sicherlich seine eigenen Eindrücke mitgenommen. Auch werde ich nicht den üblichen Text fabrizieren, den man dann Copy & Paste für die Presse nutzen kann. Und weil eine Fachtagung auch keine Fahrt ist, so ist auch kein Fahrtenbericht zu erwarten. Was also ist die Fachtagung und was war sie?
Für viele Teilnehmende war sie sicherlich ein Ort um Freund*innen zu treffen und neue kennenzulernen. Ein Anteil noch tätiger Pfadfinder aus den Bünden traf auf viele, im VDAPG aktive Menschen, mit ihren alten Freundschaften. Es war harmonisch, was man beim gemeinsamen Singen abends gemerkt hat. Wir tauschten uns sicherlich auch über die Generationsgrenzen hinweg bei allen Gelegenheiten aus, was sehr bereichernd war. Man konnte gemeinsam über ein Projekt von Rovern im Dschungel von Calais oder über die Konzeption und Nutzung des Kiplingschen Dschungelbuches diskutieren. Man saß in Kaffeepausen, abends und beim Essen beieinander und sprach mit vielen Menschen. Unabhängig vom eigenen Bund oder Verband, auch wenn diese untereinander in der Vergangenheit durchaus Konfliktlinien hatten.
Die Vielfalt - auf Neudeutsch würde man Diversität sagen - war hierbei spürbar. Persönlich habe ich auch eine Menge an Denkanstößen durch diese Vielfalt mitgenommen, andere Gruppen machen das anders und das ist auch gut so, genauso wie man seine eigenen Handlungen und Gedanken nach Begründungen und dem Einrosten des Denkapparates hinterfragen sollte.
Dass es auf der Fachtagung dazu kam, ist sicherlich auch den starken Vorträgen zu verdanken, die schon am Freitag z.B. mit der Diskussion über kulturelle Lebenswelten Jugendlicher begannen. Am Samstag ging es direkt weiter mit lebhaftem Reflektieren eigener Praktiken. Sven Kluges Ausführungen über die imperialistische Vergangenheit des Autors des Dschungelbuches sowie die praktische Umsetzung in den aktiven Gruppen mündeten in einem gegenseitigen Lernmomentum. Der Tag war weiter geprägt durch die Workshops in der die Stufenpädagogik im Einzelnen angegangen wurde. Diese waren sehr unterschiedlich und auch die Ergebnisse uneinheitlich. Die Sonntagsruhe wurde geplant gestört durch einen historischen Diskurs und dem Themenschwerpunkt Frauen bei den Pfadfindern. Beendet wurde die Fachtagung mit einer weiblichen Talkrunde der Generationen, in der sowohl unser Ehrenmitglied Wato bis hin zu einer der jüngsten Teilnehmerinnen der Fachtagung vertreten waren.
Wissenschaftlich ist die Fachtagung nicht zu Ende, wir werden sehen, zu welchen Erkenntnissen wir kommen. Impulse sind bei den einzelnen teilnehmenden Akteur*innen sicherlich vorhanden. Aber auch die Fragezeichen werden stehen bleiben. Hier spielt natürlich auch noch das Feld der Betrachtung eine Rolle, schließlich sind nicht alle Pfadfinder*innen wissenschaftliches Arbeiten und Sprechen gewöhnt, wohingegen nicht alle Vortragenden die Sprache der Pfadfinder sprechen.
Die Fachtagung als solche erfindet sich bei jedem Durchgang neu. Sie muss gezielt die wissenschaftliche Praxis beibehalten und sich dennoch in alle Richtungen offen und verständlich zeigen. Je mehr wissenschaftlich Forschende eingebunden werden, um so weniger Pfadfinder sind dort, so scheint es. Die Bewertung hierüber werde ich nicht vornehmen können und wollen. Auch die Ausrichtung, sowie inhaltliche Gestaltung nicht. Aber wir als PHF werden natürlich als initiativ tätiger Träger die Fachtagung kritisch mit begleiten und eigene Ansichten und Wünsche einbringen. Hier gilt es natürlich den wissenschaftlichen Leitern und dem Orgateam zu danken, die diese diversen Ansprüche austarieren müssen und dennoch eine interessante Fachtagung durchgeführt haben.
Ich hatte Spaß, habe was gelernt, habe neue Ideen und gute Fragezeichen mitgenommen, und kann natürlich nur hoffen, dass es möglichst vielen ähnlich geht.
Kasper